Blü­chers Geist

Blüchers Geist lebt nicht nur in den Köpfen der Rostocker und historisch Interessierter weiter. Personifiziert in Bronze gibt es ihn immer noch als Relief am Blücherdenkmal, errichtet im Jahre 1819 auf dem Blücher- und heutigen Universitätsplatz.
Am 16. Dezember 1742 wurde Gebhard Leberecht von Blücher in der Rostocker Altbettelmönchstraße 23 (ab 1863 Blücherstraße, seit 1947 Rungestraße) geboren. Er verbrachte seine ersten 14 Lebensjahre in der Hansestadt. Und weil das Grabmal auf seinem Gut in Krieblowitz (Schlesien, heute Polen) nach 1945 geplündert und sein Sarg verschleppt wurde, darf man Anfang und Ende des berühmt gewordenen Feldherrn mit der Aufstellung seines Denkmals in Rostock in seiner Geburtsstadt angesiedelt sehen.

Die Einweihung des Denkmals in Blüchers Geburtsstadt am 26. August 1819 und sein Tod in Krieblowicz am 12. September 1819 lagen so dicht nebeneinander, dass man geneigt ist, von einer „Ablösung“ zu sprechen. Beide Blücher „lebten“ noch 17 Tage nebeneinander – bis der bronzene Rostocker Feldmarschall allein das Andenken über alle späteren Wirren und Kriege hinweg bis heute zu bewahren hatte.

Fast scheint es, als wäre das Denkmal einzig einem studentischen Streich zu verdanken – übrigens neben dem Denkmalsstandort vor dem Universitätshauptgebäude der einzige Bezug Blüchers zur Universität: In einer Hamburger Zeitung erschien im Juli 1814 die fiktive Nachricht, dass Rostocker Kaufleute 2.500 Taler für ein Blücherdenkmal bereitgestellt hätten. Diese in vielen Zeitungen verbreitete Nachricht kam auch bei Blücher an, der schon einen Monat später der Stadt ein Dankschreiben zukommen ließ. Unter Zugzwang geraten, entschlossen sich die mecklenburgische Ritterschaft, die Städte und die Herzöge beider Landesteile zur Aufstellung eines Denkmals für den schon legendären General in preußischen Diensten. Fünf Jahre aber sollten noch bis zur Einweihung des Denkmals vergehen. Im August 1816 weilte Blücher selbst ein letztes Mal in Rostock.
Um das dann 1819 aufgestellte Blücherdenkmal am Universitätsplatz entstanden später die klassizistische Neue Wache (1822/25) mit ihren großen Säulen und das "Neue Museum" (1844) als linker Anschluss an das Universitätshauptgebäude, das 1867/70 nach dem Abriss des "Weißen Kollegs" gebaut wurde.

In dieser fast zeitgemäßen Kulisse steht Blücher noch heute in Bronze auf hohem Sockel, ohne Ross. Blücher ist auch so groß genug. Nur einmal, im Jahre 1938, wurde er aus der Platzmitte an den jetzigen Standort versetzt. Der legendäre Vorreiter in preußischen Diensten siegte als 72jähriger hoch zu Ross 1815 in der Schlacht bei Waterloo über Napoleon. Zwei Tage zuvor lag er noch bei Ligni stundenlang unter seinem gestürzten Pferd lebensgefährlich eingeklemmt. Der eigentliche Retter des Generalfeldmarschalls war sein Adjudant Graf Nostiz. Dieser warf geistesgegenwärtig seinen Mantel über den liegenden Feldherrn und schützte ihn so vor den französischen Soldaten. Später befreiten ihn dann die Preußen aus dieser Lage.

Bei soviel Glück vermutete der Bildhauer Johann Gottfried Schadow (1764-1850), auch Schöpfer der Quadriga auf dem Brandenburger Tor, einen Schutzengel (Genius). Johann Wolfgang von Goethe als Gutachter legte Wert auf die Zeitlosigkeit von Bild und Text des Denkmals. Er wollte den Adjudanten nicht als realistisches Abbild. Der „Schutzgeist Germaniens“ wurde zum zeitlosen Retter Blüchers. Graf Nostiz bekam trotzdem noch seinen Platz in der Geschichte – er wurde auf dem Relief abgebildet als der einzige sich noch verteidigende preußische Offizier.

Blüchers Geist ist heute noch für die Rostocker da. Streichelt man als Schüler oder Student das Haupt des Schutzgeistes vor Prüfungen dreimal, so dehnt der geflügelte Geist seine Hilfe auf den Schutzsuchenden aus. Andere stark abgegriffene Körperteile des jungen Mannes belegen, dass sich auch auf die ursprünglichen Aufgaben eines Genius besonnen wird. Bei den Römern war er die göttliche Verkörperung männlicher Zeugungskraft.

Guter Sicht-Standort: Am Universitätsplatz unter den Bäumen im Südwesten auf der rechten Seite am Denkmal

Bildunterschrift: Blücher unterm Pferd auf dem Blücher-Denkmal; Bildhauer: Johann Gottfried Schadow

Text, Foto: Dr. Hartmut Schmied, www.hartmut-schmied.com

Weitere Sagen und Legenden zu Rostock und Umgebung in: Hartmut Schmied, Geister, Götter, Teufelssteine. Sagen- und Legendenführer Mecklenburg-Vorpommern, Hinstorff Verlag, Rostock 2011 und unter www.cryptoneum.de (CRYPTONEUM Legenden-Museum Rostock)

Blüchers Geist
© H. Schmied

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